2011 – Junioren EM Gijon

Baseball Junioren EM Gijon 02.07. – 09.07.2011 | Tagebücher

Vorwort

Zum ersten Mal einer meiner Söhne bei einer Junioren EM…und ich bin nicht dabei? Geht gar nicht.  Da ich mir eine Reise zur EM finanziell nicht erlauben konnte, ich aber wußte, daß diese Europameisterschaft unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden wird, hatte ich im Vorfeld den Eltern folgenden Vorschlag gemacht: Gegen einen Umkostenbeitrag von 50 € fliege ich nach Gijon, berichte jeden Tag von den Spielen, mache Photos und erstelle im Anschluß ein Video. Alle Eltern haben ausnahmslos zugesagt.

Also habe ich mich auf dem selben Campingplatz wie die deutsche Juniorennationalmannschaft eingenistet und es mir dort “gemütlich” gemacht.

So war Ich war zwar nicht im Auftrag des Herren, aber der deutschen Eltern unterwegs…..und habe Tagebuch geführt.


Tagebuch 1 |  02.07.11

21:46 Uhr, ich sitze mit meiner 2 Liter Flasche Cola Light in Oviedo auf dem Campingplatz in meinem Zelt…. und stelle fest: Ich liebe das Leben. Die Italiener, die sich schräg gegenüber in den Bungalows eingenistet habe, gehen mir mit ihrer Lautstärke und Arroganz jetzt schon auf den Sack, die Franzosen wollten mich schon für ein Scrimmage Game morgen früh einladen, aber ich musste mangels Masse leider absagen. Diese Masse macht heute Abend eine Tour durch Paris und schaut sich gerade den Eifelturm an…und ich schreibe vor lauter Langeweile Tagebuch…auf dem Zeltboden, da im Flugzeug leider kein Platz mehr für einen Tisch und einen Stuhl war.

Apropos Flugzeug…mein Abenteuer begann eigentlich schon gestern abend. Ich wusste bis gestern gar nicht, dass man auch schon um 22:30 Uhr schlafen kann…eigentlich bin ich bisher immer davon ausgegangen, dass man bis 00:30 aufbleiben muß, um die nötige Bettschwere zu erhalten.

Um 01:20 Uhr klingelte schon der Wecker, denn damit ich rechtzeitig um 04:30 Uhr in Düsseldorf (Abflug 06:00 Uhr), muß ich ab Bonn um 02:00 Uhr losfahren. Bei geschätzten 100km nennt man so was wohl optimale Verbindung.

Es ist schon großartig, was für Typen (vor allem in welchem Zustand) man um diese Uhrzeit an den Hauptbahnhöfen dieser Welt antrifft…das wird nur noch getoppt von der seltsamen Ansammlungen morgens früh um 04:30 am Flughafen in der Schlange nach Palma. Da mein Flug nach Oviedo über Palma ging, musste ich mich bei den Ballermanntouris einreihen. 10 Meter links vor mir die “Alkoholfreunde aus Emmerich”, die bis zum Schalter eine Druckbetankung durchführten, denn Flüssigkeiten sind an Bord nicht erlaubt und müssen vorher vernichtet werden. Schräg hinter mir eine Truppe Jugendlicher mit dem obligatorischen Schnapsglas als Halskette…haben sie wohl vergessen, nach Karneval abzunehmen. Da wurde um 04:30 Uhr schon Korn bis zum Abwinken eingeschenkt. Und neben mir versuchte Rentner Hein seine Kegeltruppe zusammen zu bekommen. Telefonat mit Jupp: “Jupp, komm innne Pötte, wir sind schon fast am Schalter. Die anderen sind schon durch und schon mal en Bierchen trinken”

Da lob ich mir doch die alten Zeiten, als es noch Raucherflüge gab. Auch auf Langstreckenflügen hat man eben auf die Zähne gebissen und einen Nichtrauchersitz gebucht. Denn aus Erfahrung wusste man, dass in der Raucherabteilung die ganzen Promilletouris saßen und “Schalke, Schalke” grölten. Wenn man dann doch Bock auf eine Zichte hatte, ging man mit mitleiderregendem Blick nach hinten und fragte, ob man sich mal kurz für eine Zigarette hinsetzen könne. “Na Jung, haste kein Platz mehr bei uns bekommen, wa? Kein Problem, setz dich hin, wir Raucher müssen zusammenhalten” Aber leider sind die guten. alten Zeiten vorbei…und man ist auf dem Kurztrip nach Palma von einer Alkoholwolke umgeben. Wohlgemerkt, morgens um 06:00 Uhr. Dafür hatte der Bordkaffee die Fähigkeit, Tote aufzuwecken. Absolut ungenießbar…aber genau das, was ich um die Uhrzeit brauchte.

Palma selber war wenig aufregend, der Transfer klappte reibungslos. Für die geschätzten 1500 Meter bis zum nächsten Gate hatte ich 30 Minuten Zeit…das hab sogar ich locker geschafft.

Was dann aber kam, war der Hammer. Hatte man auf dem Flug nach Palma noch eine richtiges Flugzeug und dementsprechend Platz, war jetzt nach Oviedo nur noch ein Drittel davon übrig….und voll. Voll von Menschen mit Kindern, jede Menge Kuchenbleche und körbeweise zu Essen dabei…fehlten nur noch die Ziegen und Hühner. Ein Kind schaffte es, die 1,5 Stunden Flug komplett durchzuschreien, links von mir kotzte die Kleine die Tüte durch…ich fühlte mich wie auf einer nepalesischen Frachtmaschine. Jeden Moment erwartete ich Indiana Jones hinter dem Vorhang hervorspringen, der uns entgegen ruft, dass gar kein Pilot da sei. Sprach´s, nimmt das einzige Schlauchboot (das sowieso keinen Sinn macht, wenn 95 % des Fluges über Land ist) und springt damit über den Pyrenäen ab.

Die Landung war das Highlight. Entweder scheint die Landebahn ziemlich kurz zu sein…oder Bruce Willis war an Board und hat sich gesagt: Kein Pilot da, Indiana Jones weg…dann lande ich das Ding mal selber. Egal, was der Grund war….es war vor allem eine Vollbremsung, sodaß man durch die eintretenden Flieh- und Bremskräfte automatisch die vorgesehene Schutzhaltung einnahm.

11:00 Uhr, pünktliche Landung in Oviedo, nach 20 Minuten mit Gepäck schon draußen. Erst mal einen Kaffe und gleich Nachhilfe in spanischer Trinkkultur bekommen. Ein café solo, also nach meinem Verständnis ohne Milch und Zucker (sin asucar y leche) ist kein schwarzer Kaffee, sondern ein Espresso. Einen Kaffe, wie wir ihn als schwarzen Kaffee kennen, ist in Spanien ein café americano. Verstanden?

Nach dem erste Delay Call von Rufio habe ich noch bis 13:30 Uhr gewartet. Dann kamen aber schon Heike und Daniel vom Baseball-Orga-Team. Heike, um die Deutschen und Daniel, um einen russischen Umpire abzuholen. Da weder die Deutschen noch der Russe kamen, entschloß sich Heike, auf die russische Mannschaft zu warten und Daniel fuhr den einzigen Deutschen, den er finden konnte, zum 30 km entfernten Campingplatz. Unterwegs überfiel ich die unglaubliche Erkenntnis, daß es doch sehr von Vorteil ist, wenn man in Spanien unterwegs ist…und Spanisch spricht. So teilte mir Daniel mit, dass die Spanier sich in Gijon kaum für die EM interessieren. Die Massen werden strömen, aber nicht zu den Spielen. Als ich ihm erzählte, dass wir vor 2 Jahren in Bonn bei einigen Spielen bis zu 1 000 Zuschauer hatten, war er ziemlich von den Socken. Hier wären sie froh, wenn sie die 1000 Zuschauer für das gesamte Turnier zusammenbekommen.

Egal, 14:15 waren wir auf dem Campingplatz, einchecken, Platz aussuchen, Zelt aufbauen. Ein 3.Mann Zelt alleine in 1,5 Stunden aufbauen, ohne zu fluchen…meine Jungs werden es mir nie glauben.

Um 16:30 Uhr erst mal auf die Terrasse am Pool gesetzt, eine eiskalte Cola Light gezischt und ein paar gemeine Facebookeinträge hinterlassen.

Um 17:00 Uhr habe ich trotz aufkommendem Mittagsschlafbedürfniss aufgerafft und bin mit dem Bus in die Innenstadt von Gijon gefahren. Busfahrer interviewt, 1,15 € für 5 km gezahlt…und ab ging es in die Stadt. Gijon hat ein paar wunderschöne Bauten, ist aber großteils potthässlich, da offensichtlich auch hier der 70ziger Jahre-Plattenbauwahnsinn gewütet hat. Aber Gijon hat einen McDonalds und einen Burger King in der Innenstadt, einen Lidl soll´s gerüchterweise auch geben…alles wird also gut.

Einfach ziellos umherlaufen war mein Motto…und durch Zufall bin ich an den Yachthafen von Gijon gekommen. Ein wunderschöner Ort, an dem ich stundenlang hätte sitzen bleiben und die Ruhe genießen können…wenn nicht der letzte Bus Richtung Campingplatz schon um 19:30 gefahren wäre. Auf dem Rückweg zur Bushaltestelle habe ich endlich einen Sonnenbrillen-Handtaschen-Uhren-Straßenhändlern gesehen…aber der hatte noch nicht mal ne Rolex.. Was mir aber bis jetzt noch nicht über den Weg gelaufen ist, sind die kleinen, ca. 1,60 großen, lang- und schwarzhaarigen feurigen Spanierinnen….aber wir sind schließlich noch eine Woche hier und in meinem Alter braucht man ab und zu was für´s Auge..

Zurück auf dem Campingplatz habe ich noch mal versucht, in dem kleinen, stickigen Raum ins WiFi Internet zu kommen…vergebens. Dafür habe ich dort Andy Berglund getroffen, der mittlerweile Headcoach der Tschechen ist…und wir haben über Baseball geredet.

Mein Fazit zum Platz: Der Campingplatz ist super, die Bungalows sehen sehr gepflegt aus, der Supermarkt ist klein, hat aber alles, was man braucht (die Preise sind o.k.), der Pool ist cool, die sanitären Anlagen sind sehr sauber und wurden sogar jetzt um 23:00 Uhr nochmals gereinigt und feucht gewischt, die Duschen sind abschließbare Einzelkabinen…es ist also alles in Ordnung….wenn nicht das Zelten wäre.

Ich will meine Sachen aufhängen können und nicht im Koffer liegen haben, wo sie langsam durch die hohe Luftfeuchtigkeit feucht werden. Ich will nicht ständig mit einer Taschenlampe rumleuchten, damit ich nicht auf meinen Rechner, Photoapparat, Videocamera, oder viel schlimmer, auf ein Feuerzeug trete. (Montag hole ich mir eine Taschenlampe, die ich mir auf den Kopf befestigen kann, damit ich um die Uhrzeit noch schreiben kann und die Taschenlampe nicht zwischen den Zähnen halten muß) Und vor allen Dingen hat mir bis heute noch keiner gesagt, wie man aus so einem Zelt rein- bzw rauskommt, ohne sich einen Krampf zu holen

Ich hab mir jetzt tatsächlich beim Schreiben einen Krampf in der Bauchmuskulatur geholt. Zwar ist diese Muskulatur ziemlich tief versteckt…kann aber verdammt weh tun.

Ich freue mich auf die nächsten Tage.


Tagebuch 2 | 03.07.2011

Was für eine Nacht. Zuerst mußte ich feststellen, daß ich mein Aldi Talk Guthaben versenkt habe. Meine einzige Verbindung zur Außenwelt hat sich in Luft aufgelöst. 12 € Guthaben in den dunklen Nachthimmel von Gijon gepustet. Dabei sind die Roamingkosten wirklich tragbar…100 kByte für 49 Cent. Da kann man lange surfen, wenn man kein Bilder hochlädt ….und auch noch vergisst, sie vorher zu verkleinern. So habe ich statt eines 155 KByte Bildes für 80 Cent mal eben ein 3 MB großes Bild in den Äther gejagt. Da nützt es auch nichts, daß ich kurz vor Schluß den Fehler bemerkte und abbrach…11 € waren weg. Aber wie sagte schon der große Gorbatschow…wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Wahrscheinlich hat er vor diesem legendären Satz irgendwo in Russland im Zelt gesessen und war per Aldi Talk im Internet…

Ich weiß gar, warum ich danach überhaupt eingeschlafen bin. Eigentlich hätte ich mir das sparen und weiter schreiben können. Um 02:00 Uhr auf die Uhr gesehen. Ich schwitze, mir tut der Rücken weh. Um 03:00 wach geworden. Ich liege neben der 60 cm breiten self”in”flatable Matratze…die auch offensichtlich self”de”flatable ist.

Und um 03:30 Uhr fällt mir der Himmel auf den Kopf, im wahrsten Sinne des Wortes. Kleines Quiz: Blitz – 21-22-23- Bumm, was bedeutet das? Schon cool, wenn man während eines heftigen Gewitters, der starke Regen auf einen niederprasselnd, in einem 3-Mann Zelt hockt und hofft, daß der Blitz in einen von diesen popeligen 1-Mann Iglu Zelten in der Nachbarschaft einschlägt…dass wäre mal ne neue Version von Iglu-Fischstäbchen.

Irgendwann hatte ich dann doch kein Bock mehr, darauf zu warten, wann ich denn mein Regenschirm im Zelt aufmachen muß…und bin eingeschlafen.

Um 07:00 Uhr wach geworden…Badeschlappen, die am Zelt vorbeischlurfen, machen ganz schönen Krach. Erst mal ein Männerfrühstück. Cola und ne Zigarette…was Kaltes und was Warmes. Dann überlegen, ob ich in den Pool gehe und ein paar Runden schwimme…oder ob ich 100 Situps mache. Bei dieser Überlegung bin ich wohl eingeschlafen, denn als ich die Augen wieder aufmachte, war es 09:30 Uhr. Situps habe ich vergessen…erst mal Duschen, dann frühstücken.

Aber warum sollte hier auch etwas auf Anhieb funktionieren. Frühstück? Im Restaurant hier am Platz hat mich der Kellner mit großen Augen angesehen und mir dann stolz seine ganze Palette gezeigt, die er zum Frühstück anzubieten hatte. Eingeschweißte Muffins, Madeleins, süße Brötchen…süßes Zeug ohne Ende. Alles, was man beim Aldi auch kaufen kann, aber niemals auf nüchternem Magen ißt. Eigentlich wollte ich keinen Zuckerschock am Morgen bekommen, sondern was zu beißen haben.

Wie die Spanier bei solch einem Angebot zum Frühstück so schlank bleiben können, ist mir ein Rätsel. Entweder halten sich alle streng nach der Insulin Diät von Pape (morgens Kohlehydrate ohne Ende, abends Eiweiß)…oder sie schlafen alle in einem 30€ / 3 Mann-Saunazelt von Lidl und schwitzen nachts alles aus. Ich sollte noch ein paar Wochen hier bleiben…

Egal, nach langer Diskussion machte mir der Restaurantvorsitzende zwei Spiegeleier und gab ein trockenes Stück Baguette dazu….und das mit dem Kaffee ging auch in die Hose. Was gestern am Flughafen noch ein “café americano” war, entpuppte sich hier als Espresso. Bis er einen ganz normalen schwarzen Kaffee hinbekam, brauchte er drei Versuche. Wie der Drink jetzt hieß, keine Ahnung…aber er schmeckte wenigstens. Da wünscht man sich eine batteriebetriebene Reise-Senseo…das wäre mal ne Marktlücke.

Gestärkt ging es ins Internet…und das ist ein Abenteuer für sich. Mal funktioniert es, meistens aber nicht. Heute abend habe ich es zwei Stunden versucht: Nada. Also hilft nur noch Trick 17. Handykarte ausgebaut, in den Aldistick rein, letztes Guthaben verbraten.

Ich hoffe, dass die Berichterstattung der Spiele nicht darunter leidet. Aber wo ein Wille ist auch ein Weg…oder Aldi.

Um 13:30 war es dann soweit, die Mannschaft traf nach ihrer Irrfahrt endlich ein. Treu nach dem Motto: Der Champion kommt immer zuletzt. Von da an ging es recht zügig. Einchecken, Bungalows zuteilen, Reviere markieren, Essen gehen, Pool besetzen…und um 16:30 Matze´s Wort zum Sonntag. Auf Deutsch: Teamsitzung. Da nun die Vorbereitung vor Ort ins Wasser fiel, bedeutet dies, morgen noch konzentrierter zur Sache zu gehen als sowieso schon notwendig ist.

Der Nachmittag war sonst ganz chillig…abgesehen von den vielen ergebnislosen Versuchen, ins Internet zu kommen. Ziemlich armselig ist das schon, wenn man dieses Problem schon seit drei Wochen hat (seit ich die Homepage des Platzes.besuche) und man es bis heute nicht abstellen konnte. Zumal die Campingleitung wusste, dass bis zu 200 ausländische Vandalen diese Woche hier einfallen werden und alle natürlich gerne “nach Hause telefonieren” wollen

Großartig ist auch, dass es sich hier nur um ein Software bzw. Konfigurationsproblem handelt…die Verbindung ist hervorragend, nur kommt man nicht rein. Ich könnte ja helfen…aber ich bin ja nicht zum Arbeiten hier.

Zum Abschluß des Tages gab gerade vor meiner Haustür eben einen Street-Dance Battle zwischen den benachbarten Spaniern und Deutschen…mit absolut genialen Soloeinlagen von Marius und Rufio. Zwar konnten die Spanier kontern, aber den Schlusspunkt setzten die Deutschen mit einer tollen Teamperformance…die darin gipfelte, dass Alle, unter dem Gejohle der Spanier und den zuschauenden Franzosen, blank zogen

Eindeutiger Sieger: Deutschland.

Morgen geht es gegen Belgien. Ich bin nervös.


Tagebuch 3 | 04.07.11

Die Nächte werden immer besser. Aufgewacht, dachte die Nacht wäre um, auf die Uhr geschaut 03:00 Uhr. Prima, drei Stunden geschlafen. Wieder einschlafen…Fehlanzeige

Man hört Schritte, wo keine sind, Hunde bellen, wo welche sind und stellt fest, daß die Franzosen Autos mit Alarmanlage besitzen, die auch nachts funktionieren.

Wenn man nicht einschlafen kann und einem die Zigaretten ausgegangen sind, beschäftigt man sich mit den wahrhaft wichtigen Dingen des Lebens. Die Beleuchtung auf dem Campingplatz funktioniert vom Feinsten und es ist fast taghell. Also beobachtet man die Ameisen, die auf dem Zeltdach krabbeln und fragt sich, ob Ameisen beim Sex Geräusche machen. Oder man macht sich Sorgen um seine Eichhörnchen und überlegt sich, morgen mal ein paar Nüsse kaufen zu gehen und sie vor dem Zelt auszulegen

Das letzte Mal habe ich um 04:40 auf die Uhr gesehen…und dann war es plötzlich 08:30 Uhr. Es wird Zeit, dass ich einen der Jungs einteile, mir beim Aufstehen zu helfen. Zumindest weiß ich jetzt, wie man am ökonomischsten ins Zelt rein und wieder rauskommt. Vorwärts rein und rückwärts raus. Sieht zwar blöd aus…aber es hilft.

Ab ins Restaurant zum Frühstück. Eine neue Bedienung bedeutet, dass ich noch mal erklären muß, was ich wirklich morgens brauche: Eine große Tasse Kaffee ohne Milch und Zucker. “Ah, tu quieres un café solo?” Jo…alles klar.

Nach Eier mit Schinken erst gar nicht gefragt. Nebenan frühstückt ja die Mannschaft im großen Saal. Mal sehen, was es dort gibt. Wäre ich mal im Restaurant geblieben.

Das Frühstück für Mannschaften ist für europäische Standards mehr als mager, für Athleten ein “NoGo”. Wabbeliger weißer Toast mit Marmelade. Kohlehydrate ohne Ende, aber ohne bißhaften Nährwert. Der Mannschaftsbetreuer Tobi ging noch schnell in den gegenüberliegenden Supermarkt und kaufte Schinken und Käse ein, damit das Frühstück einigermaßen genießbar wird. Das nenne ich mal wirtschaften par excellence. Man verkauft auf dem Campingplatz Übernachtung mit Frühstück und macht Letzteres so schlecht, dass man gezwungen ist, im campingeigenen Supermarkt einzukaufen…clever.

Ich ernähre mich schon seit drei Tagen von ner Stange trockenem Baguette und gekochtem Schinken. Geht schnell und kann man sogar im Zelt zubereiten.

Um 11:30 ging´s zum Platz, um 19:00 waren wir wieder hier. Was dazwischen lag, steht im Spielbericht….aber als wir wiederkamen: WUNDER GIBT ES IMMER WIEDER. Das Internet funktioniert. Seit diesem Zeitpunkt sitze ich in dem kleinen, ca. 9 qm großen Raum, werde von Anwesenden zugetextet, 15 Franzosen feiern hier drin lautstark ein Fete und ich versuche die Kuh zu melken, solange sie noch Milch gibt…will heißen alles hoch zu laden, so lange das Internet funktioniert.

Abendbrot musste ausfallen, da ich den Platz unter keinen Umständen verlassen darf. Weggegangen, Platz vergangen. Zum Glück ist 2 Meter neben dem Internetraum der Supermarkt. Baguette und Schinken gekauft…ich kann´s nicht mehr sehen…aber los geht´s.


Tagebuch 4 | 05.07.11

Verkehrte Welt. Heute morgen um 00:30 Uhr war ich fertig….im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hab mich sogar aufs Zelt gefreut. Hilton wäre mir lieber gewesen…oder ein Bungalow, aber in der Not frisst der Teufel Fliegen.

Auf dem Weg zum verdienten Feierabend tummelten sich doch 50 Meter von meinem Zelt zwei rattenähnliche Wesen auf der Straße. Das hat mir noch gefehlt…ich sah die Viecher schon ein Loch in das Zelt nagen und sich über meine Zehen hermachen. Bei näherem Hinsehen fehlte den Viecher aber der Schwanz. Ratte ohne Schwanz geht gar nicht, Ratte ohne Schwanz, aber mit Stacheln geht überhaupt nicht. Und die beiden Viecher waren verdammt beschäftigt. Also Tasche auf den Boden stellen, Kamera rausholen und losknipsen…Speicherkarte steckte noch im Laptop. Laptop rausholen, Karte rausfingern…aber das war den beiden Verliebten doch zu viel. Quiekend wie kleine Schweine verzogen sie sich unter den nächsten Wagen…als Nachfolger von Grizmek scheine ich wohl noch nicht zu taugen.

Also ab ins Zelt…und feststellen, dass die 24h Haltbarkeitswerbung auf der Fußspray-Deodose für die Katz ist. Der Duft der großen weiten Pampa verteilt sich in alle Richtungen….und Ratten hätten wohl keine Chance gehabt. Warum mache ich mir eigentlich Sorgen?

Kaum hab ich mich hingelegt, verfluche ich mein Frohlocken von Anfangs. Sodbrennen….die trockenen Baguettes kommen mir mittlerweile wohl nicht nur aus den Ohren raus. Soll mir ja keiner sagen, dass kommt von den 4 Litern Cola Light, die ich mir täglich reinziehe….

Aber der kluge Herr hat für solche Fälle vorgesorgt…Talcid hilft immer. Irgendwann bin ich eingeschlafen…bei der Überlegung, was ich mit dem Zelt nach dieser Woche mache. Wieder umständlich mit nach Deutschland schleppen und im Keller in die tiefste Ecke versenken? Oder vielleicht sogar im Wohnzimmer aufbauen? Am wahrscheinlichsten halte ich aber, dass dieses Teufelsding als Mahnmal für die nächsten älteren Generationen hier auf dem Campingplatz einfach stehen bleibt. Bis die merken, dass da eigentlich keiner mehr drin wohnt, vergehen Jahre…oder die Igel machen daraus ihre Kinderstube.

Um drei Uhr wach zu werden, scheint zum Ritual zu werden. Also über meine Zukunft nachdenken. Wie wäre es mit einem Buch schreiben, frei nach Goethe: “Die Leiden des alten S.”. Wird bestimmt ein Bestseller. Das nächste, was ich mitbekommen habe, war Albert Hammonds “I´m a train”. Mein Wecker erlöste mich um 07:00 Uhr. Ab zum Duschen…langer Weg und Totenstille. Machen die hier auf dem Platz etwa alle Urlaub?

Um 08:00 mit der Mannschaft fürstlich frühstücken…zwei Toast mit Marmelade. Betreuer Tobi hat aber wieder für reichlich Schinken und Käse gesorgt, somit dürfte keiner verhungert sein, auch Jello nicht. Am Frühstückstisch werden, wie unter Männern üblich, die Wehwechen ausgetauscht….und alle klagten, wie kalt es doch in den Bungalows wäre.

WEICHEIER! SOFTIES!

Um 08:30 ging´s dann in die spanische Wüste, sprich LaMorgal. Über die Vergabe der EM an ein völlig desinteressiertes Gijon zu vergeben weitere Worte zu verlieren, spare ich mir. Das mache ich vielleicht mal an anderer Stelle. Nur soweit: kein Catering, keine Versorgung der Athleten und in einem entscheidenden Gruppenspiel 10 Zuschauer (plus 10 Scouts). Unsere Jungs sind versorgt, es gab Lunchpakete und dank Tobi und unserem Physio ist immer genug zu trinken da.

Durch die Anfeuerung der drei deutschen Zuschauer (Kevin Trisls´Eltern und Marty Brunner) wurde die Deutsche Nationalmannschaft förmlich zum Sieg getragen…überzeugender geht es nicht.

Gegen 14:30 Uhr ging´s wieder zurück Richtung Campinplatz. Auf dem Weg dorthin konnte ich den Busfahrer nach Absprache mit den Coaches davon überzeugen, doch mal kurz bei Lidl vorbei zu fahren. Gesagt, getan…und schon wurde Lidl von einer Horde einfallender, fuchterregender Alemannen leergekauft. Wasser wird dort heute wohl keiner mehr kaufen können….

Seit 16:00 Uhr sitze ich jetzt hier im Internetraum fest, durchsuche und formatiere Photos, bediene Facebook, den DBV und meine Webseite mit Infos, Berichten und Photos und schreibe gerade meine letzten Worte…für heute.

Und ich freue mich nicht auf mein Zelt….


Tagebuch 5 | 06.07.2011 | 00:30 Uhr

Heute schreibe ich kein Tagebuch mehr….ich bin enttäuscht und verärgert.

Nicht enttäuscht von der Mannschaft, denn die hat alles gegeben. Enttäuscht, weil es vielleicht wieder nicht funktioniert, etwas Großes im Baseball zu erreichen. Und verärgert, weil diese EM eine Frechheit ist, eine unglaubliche Respektlosigkeit des Europäischen Verbandes gegenüber seinen Junioren, den Coaches, den Verbänden und den anreisenden Eltern. Letzteres reduziert sich offensichtlich nur auf uns deutsche Eltern, weil anscheinend wir nur so bekloppt sind, unseren Kindern nachzureisen.

Aber von Anfang an:

Gestern habe ich um 23:00 Uhr den Löffel abgegeben…und bin zu meinem Zelt aufgestiegen. Ja, aufgestiegen, denn mein “Zuhause” liegt oben auf der Anhöhe…für mich rauchenden, übergewichtigen alten Sack eine ziemlicher Aufwand. Zum Glück mache ich diesen Weg nur einmal am Tag, den der Ablauf sieht immer gleich aus. Morgens duschen, ab zum Frühstück, von dort aus zum Platz. Nach dem Spiel (gegen 16:00 Uhr) in die Internetbutze…und los geht´s. Bilder auf den Rechner überspielen, aussortieren, umformatieren, ins Netz überspielen, mit meiner Homepage verknüpfen, bei Facebook reinstellen, Bericht vorschreiben, Korrektur lesen, in meine Homepage einbinden, dem DBV übermitteln usw. Ab und an leisten die Jungs einem alten Mann Gesellschaft oder passen auf mein Equipment auf, damit ich mal ne Zigarette rauchen kann. Aber pünktlich um 19:00 Uhr sind alle weg: “Wir gehen dann mal essen”. Schön das zu wissen, denn ich kann nicht weg…ich muß so lange sitzen bleiben bis ich fertig bin, oder das Internet zusammenbricht (was heute um 23:00 Uhr der Fall war). Heute hab ich mal zur Abwechslung ein trockenes Baguette mit gekochten Schinken gegessen…

Aber ich war ja noch bei dieser Nacht. Zum ersten Mal seit langer Zeit schon um 23;00 im “Bett”. Eigentlich wollten mir die Jungs aus Mitleid mit dem alten Mann eine Wolldecke leihen…haben sie aber “vergessen”. Macht nix, habe mir fest vorgenommen, heute die Luftmatratze zu besiegen.

Ich stelle mir einfach vor, ich liege in einem dieser wunderbaren Bungalows, die mit Mikrowelle, Kühlschrank mit Gefrierfach, Fernseher und Terasse ausgestattet sind, im großen Doppelbett. O.K. ich muß mir das Doppelbett mit Mörv teilen, aber das ist mir auch egal….und tatsächlich, ich schlafe schnell ein. Um 01:30 mußte ich feststellen, dass die Vorstellungskraft eines 50-jährigen doch mittlerweile relativ begrenzt ist…ich liege wieder auf meiner Luftmatratze…aber Gott sei Dank ohne Mörv an meiner Seite.

Naja, irgendwann geht auch jede Nacht in einem Zelt mal zu Ende…heute morgen um 06:30 Uhr. Albert Hammond lässt grüßen.

Laaaaangsam aufstehen, wie es sich für mein Alter gehört…man will sich ja kurz vor so einem wichtigen Spiel keine Zerrung holen. Duschen in der riesigen Gemeinschaftssanitäranlage (hab ich schon erwähnt, dass die Bungalows eigene WCs mit Dusche haben) und dann ab zum Frühstück. Heute ging es etwas eher zum Platz, da wir Heimteam waren und die BP schon um 09:00 Uhr begann. Das Frühstück ist, wie jeden Morgen nicht der Rede wert. Um 08:30 waren wir die einzigen Menschen auf der 1 000 000 qm großen Sport- und Freizeitanlage, die neben dem Baseballplatz eine Golfplatz, ein Velodrom, einen Hubschrauberplatz auch eine GoCart Bahn umfasst, auf der Fernando Alonso fahren gelernt hat. Das alles erzählte mir ganz stolz der unheimlich freundliche Platzwart, der vom Baseball zwar keine Ahnung hat, aber sich sehr viel Mühe gab, den Platz als One Man Show herzurichten. Trotzdem ist der Zustands des Infields grottenschlecht…so schlecht, dass kurz vor Spielbeginn der Meister höchstpersönlich in gewohnter Manier den Rechen in die Hand nahm und den Platz für seine Jungs herrichtete…damit auch keiner “bad hops” als Ausrede benutzen konnte.

Es mag für einen kurzen Moment recht witzig sein, wenn Matze Winterrath selbst Hand anlegt, um den Platz in einem bespielbaren Zustand zu bringen…aber bei genaueren Betrachtung ist es einer der vielen Unmöglichkeiten, die uns hier die CEB als Dachorganisation bietet. Man muß sich vorstellen, dass der Headcoach einer Nationalmannschaft selber den Platz pflegen muß, weil keine Groundcrew da ist, Hier ist gar nichts.

Kein Catering, keine Versorgung der Mannschaft. Noch nicht mal mit dem Allernötigsten, wie z.B. Wasser bei Spielen, die nachmittags bei 30 Grad in der Sonne stattfinden. Hier findet man auch keinen Verantwortlichen des Ausrichters…hier laufen nur ein paar alte arrogante CEB-Säcke rum, die einen auf unheimlich wichtig machen. Warum man eine EM nach Gijon vergeben hat, fragt sich jeder Beteiligte…außer die CEB Säcke. Die fahren wahrscheinlich mit dem Finger über die Landkarte und überlegen sich, wo sie gerne mal bezahlten Urlaub machen wollen.

Notwendige Requirements werden nicht erfüllt. Hier gibt es noch nicht einmal L-Screens für die BP…mehr als gefährlich für die Coaches. Hier gibt es gar nichts…und vor allem gibt es keine Zuschauer. In Asturien interessiert sich kein Schwein für Baseball, die Spiele finden unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt…und dahin wird eine Europameisterschaft vergeben??? Eine Sauerei gegenüber den Junioren, die jahrelang auf dieses Ziel hingearbeitet und von einer Teilnahme geträumt haben. Ein Affront gegenüber den Coaches, die fast zwei Jahre Arbeit in dieses Team gesteckt haben. Eine Frechheit gegenüber den Verbänden, denen ein Unternehmen EM Tausende von Euros kostet. Eine Schweinerei gegenüber den Eltern, die viel Geld investieren, um ihre Kinder in der Wüste Baseball spielen zu sehen.

Bei dem heutigen Spiel gegen die Ukraine waren sieben Zuschauer da…und ich kenne sie alle mit Namen. Familie Thieben waren mit drei Personen angereist, Familie Trisl mit zwei Personen., Martin Brunner und Frauke Ehmcke. Kurz vor Ende des Spiels kam noch die Mutter von Bruno Aurnhammer mit dessen Freundin hinzu. Alle sind mit einem riesigen Aufwand angereist …und alle werden sie von der CEB mit Anlauf in den Hintern getreten.

Apropos Ma Ehmcke. Sie sorgte heute für das Highlight des Tages…und zückte zur Begrüßung ein Taschenlampen-Headset., damit ich nicht mehr mit dem Lampe zwischen den Zähnen schreiben muß. Und ratet mal, was gerade auf meinem lichten Schädel sitzt, während ich diesen Bericht auf meiner Luftmatratze liegend schreibe….

Es ist 01:36 Uhr….ich wollte eigentlich kein Tagebuch schreiben.


Tagebuch 6 | 09.07.11 | 10:00 Uhr

Einen hab ich noch….

Warum gab es seit zwei Tagen kein Tagebuch? Weil nichts Besonders passiert ist. Wir sind ins Halbfinale eingezogen und mittlerweile schlafe ich sogar gut…dank der Wolldecke, die die Jungs einem alten Mann doch noch gegeben haben.

Sitze gerade im Restaurant und frühstücke. Jawoll, Frühstüc !!! Ohne große Umschweife hat mir der Maitre de la Cuisine zwei Spiegeleier mit einem trockenen Stück Baguette gebracht…ein unglaublicher Genuss. Johan Lafer hätte die Eier nicht besser hinbekommen.

Der Kaffee, eigentlich ein doppelter Espresso, zieht einem die Schuhe aus, aber er schmeckt einfach genial. Besser kann der Tag nicht beginnen…fehlt nur noch, dass er heute auch so perfekt endet.

Gestern war ein freier Tag, auch für mich. Zum Frühstück gab es die gewohnte Espresso-Dröhnung, dann kam der Versuch, Bilder vom Spiel gegen Italien hochzuladen. Das Internet ist so langsam, dass ich die Photos besser per Post verschicken könnte…und das will schon was heißen.

Um 14:00 Uhr hatte ich die Faxen dicke und machte mich auf nach Gijon. Der Campingplatz liegt auf einer leichten Anhöhe, eigentlich geht es hier nur bergauf…für einen Raucher genau das Richtige. Aber zur Bushaltestelle (ein Pfosten an der Straßenecke) geht es abwärts, ca. 500 m. Nach 30 min vergeblichen Wartens (15 min gesteht man den Südländern sowieso zu) wieder zurück zur Rezeption….bergauf. Und die freundliche Dame hinterm Tresen teilte mir mit, dass der Bus auf den ich warte, nur Samstags und Sonntags fährt. Großartig. Die nächste Haltestelle? 2 km zu Fuß, vor dem botanischen Garten !

Also meine 5 kg Handgepäcktasche schultern, Wasser für unterwegs kaufen….und auf geht´s. Apropos Tasche. Irgenwie beschleicht mich das Gefühl, dass man mir die Tasche am Ende dieses Trips die operativ entfernen muß. Mit ihr schleppe ich ständig meinen Hausrat rum…Notebook, Camera, Photoapparat, Ladegeräte usw. Sogar bis auf´s Klo begleitet mich die Tasche, was gelinde gesagt, ziemlich umständlich und vor allem eng ist.

Nach ca. 2 km gemütlichen Fußmarschs endlich die Haltestelle am botanischen Garten erreicht. Viel beeindruckender als die Ansammlung von Unkraut ist aber die gegenüberliegende Universität von Gijon. Ein imponierendes Bauwerk und vor allem…ewig lang.

Ab in den Bus und auf nach Gijon. Kurz vor vier Uhr war ich am Yachthafen und an der Anlegestelle für das Ausflugsboot, dass mit dem Spruch “Lernen sie Gijon vom Meer aus kennen” lockte…und das für 5 €. Das wollte ich mir eigentlich nicht entgehen lassen, in der Hoffnung, dass Gijon vom Meer aus besser aussieht als von innen. Aber am Tickethäuschen klebte ein Zettel “Tour abgesagt, Meer ist zu unruhig”. Weicheier, die Spanier.

Also heißt es umplanen. Da ich aber kein Plan hatte, ging ich einfach durch die kleinen Gassen los. In Gijon reiht sich eine Cafétereria nach der anderen….und ein Sidre-Lokal an das andere. Irgendwie habe ich gar nicht gemerkt, dass es schon wieder bergauf geht…ich werde wirklich langsam alt. Als ich mich umdrehte, ging es die Strasse ziemlich steil wieder runter…ziemlich verlockend. Egal, jetzt bin ich schon fast auf dem Gipfel vom Mount Everest Gijon´s, weiter geht’s. Nach einer Ewigkeit bin ich dann endlich auf dem Gipfel des größten Hügels von Gijon angekommen…und mich erwartete eine traumhafte Aussicht auf….die Aurnhammers, die offensichtlich die selbe Idee hatten. Aber irgendwie sahen die gesünder aus als ich…kein Wunder, wenn man in den Bergen groß wird.

Aber der Ausblick von diesem Hügel auf das offene Meer war schon sehenswert…nur der Strand von Gijon auf der rechten Seite sah nicht gerade einladend aus. Während die Aurnhammers sich in Richtung Baseballfeld aufmachten, um dort den möglichen Halbfinalgegner der Deutschen zu beobachten, ging ich um 17:30 Uhr erstmal frühstücken….Burger King. Eigentlich reizt mich an dem Laden gar nichts…aber das große Schild: WiFi gratis lockt jeden Campingplatz-Internet-Geplagten in diesen auf einmal wundervollen, klimatisierten Laden.

Wenn ich schon mal da bin, kann ich ja auch mal ein Stück Fleisch essen…das erste seit einer Woche. Rodeo Burger Big Menü…ich hab heute noch was davon.

Nicht nur, dass dieses Teil extrem hoch ist, es ist auch verdammt inkonsistent. Hat man es einmal ausgepackt, muß man es in einem Zug essen….ablegen geht nicht. Das dann auseinander fallende Gebilde bekommt man nie mehr gepackt, geschweige dann gegessen. Also rein damit….auf Ex. Mir ist jetzt noch schlecht, da half auch der halbe Liter Cola Light zum nachspülen nix.

Aber das Internet funktionierte, es ging ab wie Schmitz´ Katze. Innerhalb von 10 Minuten alle Bilder auf meine Website und Facebook hochgeladen…die Rodeo Burger Tortur hat sich also gelohnt.

Nach getaner Arbeit schleppte ich mich mit einem Backstein im Magen zur Bushaltestelle, als mich eine Emergency-Call meines Sohnes erreichte….

Gesprächsprotokoll:

“Dad, wenn du schon in der Stadt bist, kannst du im Supermarkt was zu trinken kaufen und uns mitbringen? Mörv und ich haben nix mehr zu trinken”

“Sohnemann, 1. gibt es hier keinen Supermarkt, 2.bin ich nicht so bescheuert und schleppe nachher 2 km von der Bushaltestelle zum Campingplatz bergauf ein paar große 2-Liter Flaschen und 3. könnt ihr euch das auf dem Campingplatz selber kaufen.”

“Aber hier ist es so teuer…du bekommst das Geld auch nachher von uns wieder”

Jo, klar…vor allem der letzte Satz überzeugt. Wie jede Eltern könnte ich sofort in Rente gehen, wenn ich auf eine Schlag das Geld einfordern würde, das ich auf den Spruch “du bekommst es gleich wieder, wenn wir zu Hause sind” rausgerückt habe.

Nix da, ich bin doch nicht blöd…..ab in den Bus, Richtung Campingplatz. Zwei Haltestellen vor meinem eigentlichen Endziel, dem botanischen Garten, fährt der Bus an einem großen Supermarkt vorbei. Wie von alleine bewegt sich meine rechte Hand Richtung Halteknopf, ich steige aus, gehe die 500 m zurück, kaufe fünf 2-Liter Flaschen Cola und Fanta ein und mache mich mit 10 kg Getränken in dünnen, nicht reißfesten Plastiktüten und meinem 5 kg Handgepäck auf den nun 1,5 km längeren Heimweg…im Dauernieselregen.

Kurz vor der Uni, meinem ursprünglichen Ziel, geht es links ab auf das Unisportgelände. Von weitem sah ich dort einen großen Reisbus stehen…und wie in Trance bewegte ich mich darauf zu. Wie ich richtig vermutete, lag dort der Baseballplatz von Gijon und das Spiel Frankreich vs. Tschechien war noch im Gange…und ich traf auf Menschen, die ich kannte und die Mitleid mit mir hatten.

Zwei junge Damen aus dem hohen Norden boten an, mich mit zum Campingplatz mitzunehmen ….aber ich musste sie vorwarnen. Denn ganzen Tag in der Hitze in Gijon rumlaufen, dann mit 15 kg Gewaltmarsch im Regen…das hat Spuren hinterlassen. Mein Deo hat versagt, die 24h Wirkung kann man in die Pfeife rauchen. Aber getreu dem Motto der Doofen “Nimm mich mit, auch wenn ich stinke” wurde ich auf den Rücksitz verfrachtet. und ab ging es zum Campingplatz.

Zwar luden mich die Ladies noch zum Abendessen ein, aber der Rodeo Burger zeigte noch immer Wirkung. So blieb es bei einer Tasse Kaffee und einem netten Abend.

Um 23:00 Uhr ab auf die Matratze…oder was davon noch übrig ist. Ich wache morgens sowieso immer neben der Matratze auf dem Boden auf. Es regnet in Stömen, aber auch das ist mir mittlerweile egal…..

Übrigens haben die Jungs bis heute Vormittag ihre Flaschen nicht abgeholt……

That´s it…..see you in germany

Back to Top